OLG Hamm v. 1.3.2023 – 8 U 48/22
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm beschäftigte sich mit der Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses, der den Ausschluss eines Kommanditisten aus einer Kommanditgesellschaft (KG) zum Gegenstand hatte. Das Gericht befand das Fehlverhalten des Kommanditisten, insbesondere die unbegründeten Kündigungen, als derart schwerwiegend, dass es den Ausschluss als wirksam ansah.
Worum geht’s?
Der Kläger und die Beklagten zu 1 und zu 2 waren Kommanditisten der A GmbH & Co. KG, die im Jahr 2017 gegründet wurde und sich auf die Herstellung von Outdoor-Küchen spezialisiert hat. Die Komplementärin dieser Gesellschaft ist die Beklagte zu 3, an der auch der Kläger und die Beklagten 1 und 2 Gesellschafter sind. Die Beklagten zu 1 und 2 fungierten als Geschäftsführer, während die Beklagte zu 3 kein Stimmrecht bei Gesellschafterversammlungen hat.
Der Kläger ist außerdem der geschäftsführende Gesellschafter der B GmbH. Der Beklagte zu 1 ist seit 2006 bei dieser Gesellschaft beschäftigt, zuletzt in der Position des technischen Leiters in den Bereichen Produktion/Fertigung und IT-Software.
Im Gegensatz zum Landgericht betrachtete das Oberlandesgericht den Ausschluss des Klägers aus der Kommanditgesellschaft aufgrund seines Verhaltens als rechtlich wirksam.
Die Entscheidungsgründe:
Im Gegensatz zur Entscheidung des Landgerichts befand das Oberlandesgericht den Beschluss zur Ausschließung des Klägers aus der Kommanditgesellschaft für rechtswirksam.
Um einen Kommanditisten aus einer Kommanditgesellschaft auszuschließen, ist gemäß § 13 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit den §§ 133, 140 und 161 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ein wichtiger Grund erforderlich. Ein wichtiger Grund liegt demnach vor, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem auszuschließenden Kommanditisten für die anderen Gesellschafter unzumutbar ist. Die Entscheidung darüber erfordert eine umfassende Bewertung aller relevanten Umstände im Einzelfall im Rahmen einer entsprechenden Gesamtabwägung.
Gemäß diesen Vorgaben wurde der Ausschluss des Klägers aufgrund eines wichtigen Grundes als gerechtfertigt angesehen. Der Kläger hatte sich zwischen dem 12. Februar 2020 und dem 30. März 2020 in erheblichem Maße und schwerwiegend gegenüber der A GmbH & Co. KG und den Beklagten zu 1 und 2 vertragswidrig verhalten. Dieses Verhalten verletzte die gesellschaftsrechtliche Treupflicht erheblich, wodurch eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger als Kommanditist für die Beklagten zu 1 und 2 unzumutbar wurde.
Zu Beginn hatte der Kläger als Geschäftsführer der B GmbH dem Beklagten zu 1 ein unbegründetes Hausverbot für die Räumlichkeiten der B GmbH erteilt und seinen Zugang zum B GmbH-Server gesperrt, aufgrund des unbegründeten Verdachts, der Beklagte zu 1 habe unbefugt Daten kopiert. Der Kläger gestand, dass er zu dieser Zeit nicht wusste, was genau passiert war und wer auf die Daten zugegriffen hatte. Es gab keine hinreichenden Gründe, dem Beklagten zu 1 zu misstrauen, da er zuvor uneingeschränkten Zugriff auf die Daten hatte. Der Kläger konnte daher keine Sicherheitsinteressen geltend machen.
Diese Maßnahmen betrafen nicht nur das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1 mit der B GmbH, sondern auch unmittelbar das Gesellschafterverhältnis der A GmbH & Co. KG aufgrund der engen wirtschaftlichen Verknüpfung beider Unternehmen. Die Sperrung des Zugangs zum Server der B GmbH und die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit des Beklagten zu 1 hatten erhebliche Auswirkungen auf die A GmbH & Co. KG, da der Beklagte zu 1 eine Schlüsselrolle im operativen Geschäft der A GmbH & Co. KG innehatte. Dies führte zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen, selbst wenn keine konkreten Schäden nachweisbar waren.
Der Kläger verschärfte die Situation weiter, indem er die Zugänge aller Mitarbeiter der A GmbH & Co. KG zum B GmbH-Server sperrte und ihre Arbeit in den Räumlichkeiten der B GmbH nur noch in Begleitung gestattete, ohne klare Beweise für ein Fehlverhalten vorzulegen. Dies führte dazu, dass die gesamte Belegschaft der A GmbH & Co. KG unter Generalverdacht gestellt wurde und die Auftragserteilung sowie die Produktion erheblich beeinträchtigt wurden. Dieses Verhalten war ebenfalls nicht durch Sicherheitsinteressen gerechtfertigt.
Der Kläger übte zusätzlichen Druck aus, indem er die Beklagten zu 1 und 2 zur Kündigung aufforderte und selbst grundlose Kündigungen aussprach, die später als ungerechtfertigt erwiesen wurden. Diese Maßnahmen setzten die A GmbH & Co. KG unter wirtschaftlichen Druck, indem sie die Auszahlung seiner Guthaben von den Darlehenskonten forderte, was die Liquidität der A GmbH & Co. KG erheblich beeinträchtigt hätte.
Diese Verstöße gegen die Treuepflicht des Klägers wiegen so schwer, dass eine weitere Zusammenarbeit mit ihm als Gesellschafter der A GmbH & Co. KG für die anderen Gesellschafter unzumutbar wurde. Der Kläger handelte aufgrund eines unbegründeten Verdachts, aufgrund dessen die Geschäftstätigkeit der A GmbH & Co. KG zumindest vorübergehend erheblich beeinträchtigt wurde. Dies führte dazu, dass die A GmbH & Co. KG die bisher erfolgreiche Zusammenarbeit mit der B GmbH beendete und ihre zukünftige Produktion unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen neu organisieren musste. Darüber hinaus führten die grundlosen Kündigungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten zu 1 mit der B GmbH. Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, ob der Kläger zusätzlich konkrete Schäden für die A GmbH & Co. KG verursachte oder den Beklagten zu 1 in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte. Es ist auch nicht mehr erforderlich, die weiteren Vorwürfe der Beklagten gegen den Kläger zu prüfen