Mit ihrem 14. Sanktionspaket gegenüber Russland hat die EU im Juni 2024 eine deutliche Verschärfung der bisherigen Maßnahmen eingeführt. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts mit der Ukraine und der damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Spannungen zielt dieses Paket darauf ab, die Effektivität der Sanktionen gegenüber Russland zu gewährleisten. Die Maßnahmen zielen konkret darauf ab durch erhöhtes Straf- und Bußgeldrisiko Sanktionsumgehungen systematisch zu unterbinden und so den Zugang Russlands zu kritischen Märkten und Technologien weiter einzuschränken. Betroffen von den erweiterten Pflichten sind besonders Unternehmen aus dem Energie-, Finanz- und Handelssektor. Deutschland ist dazu verpflichtet diese EU-Verordnung bis zum 20. Mai 2025 in nationales Recht umzusetzen. Gewissen Schritten waren die deutschen Gesetzgeber der EU bereits voraus, weswegen sich beispielsweise im Bereich der Ahndung von fahrlässigen Sanktionsumgehungen keine Veränderungen für deutsche Unternehmen ergeben werden. Andere Maßnahmen werden erst noch konkret umgesetzt, wobei der Referentenentwurf aus dem Oktober 2024 bereits aufzeigt, dass besonders die schärfere Sanktionierung zu Umsetzung der Ziele eingesetzt wird.
Neue Regelungen im Energiesektor
Ein zentraler Punkt des Sanktionspakets ist die Einführung strenger Maßnahmen gegen russische Energielieferungen besonders gegen Flüssigerdgas (LNG). Die EU verbietet den Transport und Umschlag von russischem LNG auf europäischem Boden, auch wenn dieses nur über EU-Häfen in Drittstaaten transportiert wird. Dieses Embargo ist Teil der Bestrebungen, Russlands Einfluss auf den globalen Energiemarkt weiter zu reduzieren und somit dessen Einnahmequellen zu beschränken.
Ausweitung des Anwendungsbereichs der „No-Russia-Klausel“
Eine wesentliche Neuerung des Pakets betrifft außerdem die erweiterte „No-Russia-Klausel“. Diese verlangt nun explizit, dass auch die Weitergabe von geistigen Eigentumsrechten in Drittländer streng reguliert wird, wenn ein Risiko besteht, dass diese Informationen letztlich nach Russland gelangen könnten. Unternehmen sind daher aufgefordert, ihre Verträge mit internationalen Partnern sorgfältig zu prüfen und sicherzustellen, dass alle Regelungen zur Vermeidung von Exporten in Hochrisikogebiete klar formuliert und durchsetzbar sind.
Erweiterte Finanzsanktionen
Die EU setzt verstärkt auf finanzielle Sanktionen, um Transaktionen zu verhindern, die zur Finanzierung von Gütern oder Dienstleistungen führen, die unter die Exportverbote fallen. Neu eingeführte Beschränkungen treffen besonders Anbieter von Kryptowährungs- und Finanzdienstleistungen. Zudem dürfen europäische Banken keine Geschäftsbeziehungen mehr zum russischen SWIFT-Äquivalent SPFS unterhalten, wodurch der finanzielle Austausch weiter eingeschränkt wird und Lücken, die Russland bisher zur Umgehung von Sanktionsmaßnahmen nutzen konnte, geschlossen wurden.
Haftungserweiterung
Mit der neuen Regelung zur Konzernhaftung verlangt die EU nun von Muttergesellschaften innerhalb der EU, sicherzustellen, dass ihre ausländischen Tochterunternehmen keine Sanktionsverstöße begehen. Diese Unternehmen müssen laut EU „beste Anstrengungen“ unternehmen, um die Einhaltung der Sanktionen zu gewährleisten. Konkret bedeutet dies, dass EU-Muttergesellschaften mittels interner Kontroll- und Risikomanagementsysteme sicherstellen sollten, dass auch ihre Tochterunternehmen die Anforderung der Sanktionsmaßnahmen tadellos erfüllen. Somit können mögliche Risiken frühzeitig identifiziert und reduziert werden, schließlich können EU-Unternehmen auch für Handlungen ihrer Tochtergesellschaften in Drittstaaten haftbar gemacht werden, sofern diese Geschäfte mit Russland tätigen, die gegen EU-Sanktionen verstoßen.
Implikationen für Unternehmen
Das 14. Sanktionspaket bringt signifikante Anpassungen für Unternehmen, die direkt oder indirekt in Russland oder mit Russland verbundene Transaktionen involviert sind. Nicht außer Acht zu lassen ist außerdem, die ausgeweitete Sanktionsliste, die inzwischen auf über 2.200 Personen, Unternehmen und Institutionen angewachsen ist. Insbesondere die erweiterte Haftung für Tochtergesellschaften im Ausland und die neuen Pflichten zur Umsetzung der „No-Russia-Klausel“ haben darüber hinaus zur Folge, dass Unternehmen ihre Compliance-Programme und Due-Diligence-Verfahren auf den neuesten Stand bringen müssen.
Unternehmen stehen also vor der Herausforderung interne Prozesse und Kontrollmechanismen effektiv umzusetzen und durch vorausschauende und systematische Risikoeinschätzung ihr Haftungsrisiken zu minimieren und die Einhaltung der verschärften EU-Vorgaben zu gewährleisten.
Autorin: Sarah Rott