EuGH, Urteil vom 10.09.2024 – C-48/22 P
Eines der bedeutendsten Wettbewerbsverfahren gegen den Technologieriesen Google hat mit einem Verlust für den Konzern geendet. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte eine Geldbuße in Höhe von 2,4 Milliarden Euro, die Google aufgrund eines Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung im Bereich des Preisvergleichsdienstes Google Shopping auferlegt wurde.
Worum geht`s?
Bereits 2017 verhängte die EU-Kommission die Milliardenstrafe gegen Google. Grund dafür war, dass der Konzern seit 2008 seinen eigenen Preisvergleichsdienst „Google Product Search“ in den Suchergebnissen bevorzugt behandelte. Google platzierte diesen an oberster Stelle der Suchergebnisse und versah ihn mit auffälligen Bild- und Textinformationen, während konkurrierende Vergleichsdienste lediglich in Form von schlichten blauen Links weiter unten angezeigt wurden.
Das Gericht stellte fest, dass Google seine eigene Shopping-Suche damit bewusst bevorzugte und so seine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat. Dieses Vorgehen benachteiligte Wettbewerber erheblich und verfälschte den Wettbewerb zugunsten des eigenen Dienstes.
Entscheidungsgründe:
Google und seine Muttergesellschaft Alphabet versuchten bis zuletzt, die Geldstrafe abzuwehren, doch der EuGH folgte den Argumenten der EU-Kommission. Besonders entscheidend war die unmittelbare Sichtbarkeit dieser wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen und die dadurch bedingte Veränderung der Ranking-Algorithmen bei Google-Suchen. Da viele Online-Dienste von Besucherzahlen abhängig sind, führte diese „Abwärtsspirale“ zu existenzgefährdenden Verlusten für zahlreiche Unternehmen. Allein in Deutschland sanken die Website-Aufrufe bei konkurrierenden Anbietern um bis zu 92 %.
Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die marktbeherrschende Stellung von Google an sich nicht problematisch ist. Es kommt jedoch darauf an, wie ein Unternehmen mit einer solchen Position umgeht. Im vorliegenden Fall nutzte Google seine Machtposition, um Konkurrenten zu benachteiligen und den Wettbewerb zu manipulieren.
Zentrale Schlussfolgerungen:
Das Urteil ist ein wichtiger Präzedenzfall, der europäischen Unternehmen, die in verschiedensten Branchen mit Google konkurrieren, besseren Schutz vor dessen unfairen Geschäftspraktiken bietet. Es dient zudem als Leitlinie für Behörden und Gerichte im Umgang mit ähnlichen Fällen. Darüber hinaus stärkt das Urteil die Position der EU-Kommission bei der Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA). Dieser soll künftig verhindern, dass Unternehmen wie Google ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen und sich selbst bevorzugen.
Für Unternehmen, die unter Googles wettbewerbsverzerrendem Verhalten gelitten haben, eröffnet sich die Möglichkeit, Schadensersatzklagen einzureichen. Ein prominentes Beispiel ist der Preisvergleichsdienst Idealo, der bereits 2019 von Google eine halbe Milliarde Euro forderte. Da dieser Fall kein Einzelfall ist, sondern Google weltweit mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert wird, weist dieses Urteil den Weg für zukünftige Verfahren.
Ein Signal an Marktführer
Unabhängig von diesem speziellen Fall zeigt das Urteil, welche Verantwortung Marktführer gegenüber dem Wettbewerb haben. Eine marktbeherrschende Stellung bietet zwar viele Chancen, verlangt jedoch einen verantwortungsvollen Umgang. Das Urteil verdeutlicht, dass der Missbrauch einer solchen Position nicht toleriert wird – weder von der EU noch von den betroffenen Unternehmen und Behörden.
Unternehmen, die sich auf ihre starke Marktposition verlassen, sollten daher besonders wachsam sein, um sicherzustellen, dass ihr Verhalten den fairen Wettbewerb nicht gefährdet. Die Entscheidung des EuGH ist ein klares Signal dafür, dass die EU gewillt ist, solche Praktiken rigoros zu verfolgen und zu sanktionieren.
Autorin: Sarah Rott