BGH v. 14.3.2023 – II ZR 162/21
Die Haftung des Geschäftsführers einer Kommanditisten GmbH erstreckt sich auf die Kommanditgesellschaft, wenn er sorgfaltswidrig handelt gemäß § 43 II GmbHG. Ebenso haftet der Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG für die Kommanditgesellschaft, auch wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.
Worum geht’s?
Der Kläger ist Insolvenzverwalter für das Vermögen der D. GmbH & Co. KG, einer Publikums-Kommanditgesellschaft. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin war nur die Kommanditistin, die U. GmbH zur Geschäftsführung berechtigt. Der Beklagte wurde zusätzlich am 25.10.2011 zum Geschäftsführer der U. GmbH bestellt, die auch in anderen Fondsgesellschaften als geschäftsführende Kommanditistin tätig war.
Die Schuldnerin erhielt Geld von Anlegern und stellte dieses der mittlerweile insolventen D. AG als Darlehen zur Verfügung, um dadurch Immobilien zu erwerben. Die Darlehensverträge sahen umfangreiche Sicherheiten und die Auszahlung von Zinsen an die Anleger vor.
Der Kläger verklagte den Beklagten aufgrund einer Überweisung der Schuldnerin an die D. AG vom 31.5.2012 über 510.000 €, auf Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 200.000 €. Der Beklagte war nicht an dieser Überweisung beteiligt. Zu diesem Zeitpunkt waren von den insgesamt etwa 38 Mio. €, die als Darlehen an die D. AG vergeben wurden, nur etwa 2,7 Mio. € entsprechend den Darlehensverträgen abgesichert worden. Bei der Auszahlung der Darlehensrate am 31.5.2012 wurde keine zusätzliche Sicherheit für die Schuldnerin vereinbart.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht gaben der Klage statt. Die Revision des Beklagten vor dem Bundesgerichtshof blieb erfolglos.
Die Entscheidungsgründe:
Das Oberlandesgericht (OLG) hat den Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH gemäß § 43 Absatz 2 des GmbH-Gesetzes anerkannt. Dies erfolgte aufgrund der festgestellten fahrlässigen Geschäftsführung des Beklagten.
Die rechtliche Beziehung zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer erstreckt sich in Bezug auf dessen Haftung gemäß § 43 Absatz 2 des GmbH-Gesetzes auch auf die Kommanditgesellschaft. Dies bedeutet, dass die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht notwendigerweise die ausschließliche oder hauptsächliche Aufgabe der GmbH sein muss, um den Schutzbereich abzudecken. Dieser Grundsatz wurde bereits vom Bundesgerichtshof (BGH) in seiner langjährigen Rechtsprechung angewendet und ist daher auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH haftet so auch gegenüber der Kommanditgesellschaft gemäß § 43 Absatz 2 des GmbH-Gesetzes aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, ähnlich wie gegenüber der GmbH selbst. Dies liegt daran, dass die Kommanditgesellschaft in den Schutzbereich der rechtlichen Beziehung zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer einbezogen ist. Selbst ohne die spezifischen Anforderungen von § 328 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann eine Person, die nicht direkt Vertragspartei ist, aber von den Risiken des Vertrags betroffen ist, berechtigt sein, Schadensersatzansprüche gegen eine Vertragspartei geltend zu machen, wenn eine Schutzpflicht verletzt wurde. Dies setzt voraus, dass der Dritte in irgendeiner Weise mit der Hauptleistung des Vertrags in Berührung kommt und ein schutzwürdiges Interesse an seiner Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags besteht. Eine Ausdehnung des Vertragsschutzes muss im Einklang mit den Grundsätzen von Treu und Glauben erfolgen und die Einbeziehung des Dritten muss dem Schutzberechtigten bekannt oder für diesen zumindest erkennbar sein. Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu.
Die Kommanditgesellschaft kommt zwangsläufig mit der Leistung des Geschäftsführers in Berührung, wenn die geschäftsführende Kommanditisten-GmbH die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führt, da die Fehlerhaftigkeit der Geschäftsführung sich zwangsläufig und vorrangig zum Nachteil der Kommanditgesellschaft auswirkt. Es ist im Interesse der Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH, die Leitung der GmbH & Co. KG gemäß ihren Organpflichten ordnungsgemäß auszuüben, da sie an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Beteiligung interessiert sind.
Darüber hinaus haftet die geschäftsführende Kommanditisten-GmbH der Kommanditgesellschaft für Schäden, die aus der Verletzung der ihr im Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäftsführungsaufgaben resultieren. Gemäß § 31 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) werden Pflichtverletzungen ihres Geschäftsführers, den sie zur Erfüllung ihrer Geschäftsführungsaufgaben heranzieht, ihr zugerechnet. Es spielt somit keine Rolle, ob die geschäftsführende GmbH die Komplementärin oder eine Kommanditistin der Kommanditgesellschaft ist; die Revision hat keine gegenteiligen Argumente vorgebracht. Eine Ausdehnung des Vertragsschutzes auf die Kommanditgesellschaft ist im Einklang mit den Grundsätzen von Treu und Glauben gerechtfertigt, da die Kommanditgesellschaft schutzbedürftig ist, unabhängig davon, ob die geschäftsführende GmbH ihre Komplementärin oder Kommanditistin ist.